Page 19 - Kat_Schach-u-Religion_Leseprobe
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dort ihr Tribunal aufschlug, zusammen mit der ganzen
          Familie getauft worden. Das zeigt, dass die Juden schon
          vor ihrer endgültigen Vertreibung 1492, als sie vor die
          Wahl gestellt wurden, entweder das Land zu verlassen
          oder aber zu konvertieren, vielerlei Pressionen ausgesetzt
          waren. Durch diesen Umstand gehörte er zu den soge-
          nannten Conversos, einer bis ins 18. Jahrhundert hinein
          diskriminierten Bevölkerungsschicht in Spanien. Vielfach
          glaubten die Alt-Christen ihren neuen Glaubensgenossen
          nicht, dass sie aus ehrlichen Gründen konvertiert hatten,
          zum anderen verleitete viele der Neid ihnen gegenüber    Einzig bekannte Abbildung von Ruy López
          dazu, ihnen das Leben schwer zu machen.“  16
            Teresas Vater zog nach Ávila. Er hatte sich einen   León, eine fast ausschließlich jüdische Stadt, am Weg der
          Adelstitel gekauft und musste diesen in einem lang-  spanischen Juden lag, die 1492 das Land in Richtung
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          wierigen Prozeß erneut bestätigen lassen, zu einer Zeit,   Portugal verließen  . Das Besondere, aber keineswegs
          als Teresa fünf bis acht Jahre alt war. Alle ihre Brüder   Ungewöhnliche ist, dass Ruy López als Converso katho-
          wanderten später nach Westindien aus, wo sich niemand   lischer Geistlicher war. Die Kirche hatte Converso-
          für ihre wahre Abstammung interessierte.           Priester in beträchtlicher Zahl, sogar der Bischof von
            „Für die Familie Cepeda y Ahumada galt es in diesen   Burgos war ein Ex-Rabbi. Kirstin Downey schreibt
          Jahren heftiger sozialer Spannungen, stillzuhalten, nir-  in ihrer Isabella-Biografie  , dass in Kastilien zur Zeit
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          gends aufzufallen und sich möglichst aus allen Konflikten   Isabellas mindestens vier Bischöfe Conversos waren.
          herauszuhalten.“                                   Man kann sich vorstellen, dass das Verhältnis zwischen
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            Die wohlhabende, erfolgreiche Handelsfamilie war   Alt-Christen und altem spanischen Adel auf der einen
          sehr christlich-religiös geprägt. Die attraktive und lebens-  und „Emporkömmlingen“ aus den Reihen konvertierter
          lustige Teresa war dreizehn, als ihre Mutter starb und   Juden auf der anderen Seite ein höchst spannungsgelade-
          hatte elf Geschwister, unter diesen acht jüngere Brüder.  nes, konfliktreiches war.
            „Neben ihrer heimlichen Liebe für modische Ritter-
          romane widmete sie sich dem Schachspiel, übte sich im  Teresa – ideal als Frau
          Gesellschaftstanz, ritt gerne aus, liebte schöne Sticke-  Wie war die Stellung der Frau im
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          reien.“   Mit dem Schachspiel dürfte man in allen ge-  Spanien ihrer Zeit?
          hobeneren Familien vertraut gewesen sein, besonders
          verbreitet war es aber vor allem bei Conversos. Die Be-  Diskriminierung und Nachteile erlebte Teresa nicht
          ziehung der Conversos zum Schach hat insbesondere   nur als Spanierin mit Converso-Hintergrund, sondern
          der englische Schachhistoriker Victor Keats in mehreren   auch aus der Tatsache, als Frau geboren zu sein. Die
          Standardwerken untersucht.  19                     selbstbewusste und eigenwillige Teresa entsprach sicher
            Durch den Aufschwung des Buchdrucks, unter an-   nicht den Vorstellungen, die das patriarchalische Spanien
          derem mit deutschen Druckern in Salamanca, Valencia   des 16. Jahrhunderts von einer Frau hegte, sowohl
          und Saragossa, fanden viele Schachbücher, die das neue   innerhalb der katholischen Kirche als auch in der
          Schach propagierten, schnelle Verbreitung – ihre Autoren   Gesellschaft überhaupt.
          waren häufig Conversos. So z.B. Luis de Lucena, dessen   Als  junges  Mädchen  erschien ihr  die  Rolle  einer
          Repetición de amores y arte de axederes 1497 in Salamanca   Ehefrau nicht sehr erstrebenswert. Verheiratet wurden
          gedruckt wurde.                                    Mädchen damals mit 13 bis 15 Jahren, sie allerdings
            Im Jahre 1561 – also zu Lebzeiten von Teresa – er-  ließ sich mit ihrer Entscheidung lange Zeit und wies
          schien dann ein berühmt gewordenes Schachbuch von   so manchen Bewerber ab. 1535 trat sie im Alter von
          Ruy López de Segura, dessen Geburtsort Segura de   20 Jahren in ein Karmelitinnenkloster in Ávila ein.

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