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Teresa – ideal als Person des für das spanische Weltreich. Andererseits hatte Isabella
16. Jahrhunderts maßgeblich die Inquisition in Spanien mit eingeführt
und – gepaart mit fanatischem Antisemitismus – die Ju-
Nachdem das Schachspiel über Jahrhunderte nach den denverfolgung betrieben. Sie wollte alle spanischen
alten persisch-arabischen Regeln gespielt worden war, Juden zwingen, zum christlichen Glauben zu konver-
entstand in Renaissance und beginnender Neuzeit auf- tieren, und alle, die sich weigerten, wurden gezwungen,
grund sich ändernder gesellschaftlicher Entwicklungen das Land zu verlassen.
das Bedürfnis nach einer Beschleunigung und Dynami-
sierung des Spiels. Teresa – ideal als „conversa“
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts setzten sich neue Welche Rolle spielten die Conversos im
Spielregeln in Spanien, Italien und Südfrankreich durch. Spanien des 15. und 16. Jahrhunderts?
Herausragendes Merkmal im neuen Schach wurde die
Langschrittigkeit von Läufer und vor allem der Dame. Diese Diskriminierung und Verfolgung der Juden
Die Macht der neuen Dame kommt einer Revolution spielte auch im Leben Teresas eine große Rolle. Teresa
gleich: Ursprünglich die Figur des fers (Wesirs), der, wie stammte aus einer jüdischen Familie. „Teresas Vater, Don
der König selbst, nur auf ein benachbartes Feld ziehen Alonso Sanchez de Cepeda, eines von mehreren Kindern
konnte, wurde sie zur dominierenden, noch dazu weib- des Juan Sanchez de Toledo, eines begüterten jüdischen
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lichen Figur. Im 16. Jahrhundert hat das neue, moderne Kaufmanns, und dessen Ehefrau Ines de Cepeda, war ca.
Schach seinen schnellen Siegeszug angetreten. 1480 in Toledo geboren und 1485, als die Inquisition
Welche kulturelle Atmosphäre konnte für solch einen
Wandel den Boden bereiten? Eine weibliche Figur in
dominierender Rolle? Forscher haben dazu viele Speku-
lationen angestellt und Belege zu finden versucht.
Bereits Joachim Petzold hat auf den Zusammen-
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hang mit der Gottesmutter Maria hingewiesen, also
einen religiösen Bezug. An neueren Werken, die sich
mit der Entstehung des neuen Schach befassen, sind vor
allem zwei zu nennen: Das äußerst detaillierte Buch von
Peter J. Monte The Classical Era of Modern Chess und
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das sehr anregende Birth of the Chess Queen von Marilyn
Yalom . Neben anderen zusätzlichen wichtigen Aspek-
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ten werden auch hier die immer bedeutendere Rolle der
Jungfrau Maria im Katholizismus des 15. Jahrhunderts
und damit verbunden der sich stark ausbreitende Marien-
kult sowie – um auf Spanien zurückzukommen – die
starke Königin Isabella hervorgehoben.
Isabella von Kastilien und ihr Mann Ferdinand von
Aragon regierten von 1474 - 1504. Isabella spielte an
ihrem Hofe selbst sehr gern Schach, das zu ihrer Zeit
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äußerst populär war. Als „Warrior Queen“ hatte sie
zusammen mit ihrem Mann König Ferdinand einen er-
folgreichen Kampf gegen die Reste islamischer Herr-
schaft in Cordoba und Granada geführt und sich so als
mächtige Königin erwiesen. Mit der Aussendung der
Schiffe von Christoph Columbus 1492 legte sie die Basis Isabella von Kastilien, unbekannter Maler um 1490
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