Page 13 - Schach und Musik GHS-Schachundkulturstiftung
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                                                         
            Herausragend für mich waren der Gewinn des Titels     Auch habe ich immer sehr gerne an Open-Turnieren
          Deutscher Schülermeister 1976 (U15) und dann 1978   teilgenommen wie Lloyds Bank London und Lugano,
          immerhin der Vizemeister der Deutschen B-Jugend-   sowie an vielen anderen internationalen Wettbewerben.
          meisterschaft. Diese Ergebnisse brachten mich dann in   Wenn ich dann mal einen Großmeister oder inter na-
          den Kader  der Deutschen Schachjugend, so  dass ich   tio nalen Meister schlagen konnte (zum Beispiel Michael
          auch für die Bundesrepublik Deutschland bei interna-  Adams in London), hat mich das sehr aufgebaut. Eine
          tionalen Turnieren eingesetzt wurde.               Erinnerung habe ich an ein Turnier am Balaton in
            Mittlerweile hatte ich in meiner Klavierlaufbahn eine   Ungarn in den 80er-Jahren.
          große Enttäuschung hinnehmen müssen. Mein Lehrer     Ich spielte recht erfolgreich und wurde gegen den
          Bernhard Wambach, der Konzertpianist war und bis   erstklassigen Großmeister Janos Pinter gelost. Die
          heute als einer der wichtigsten Klavierinterpreten der   Partie verlief äußerst erfreulich. Ich überspielte Janos
          Musik des 20. Jahrhunderts gilt, konnte mir keine Stun-  total. Dann bot er mir remis an und ich nahm an. In der
          den mehr geben, weil er seinen Wohnsitz verlegte und   Analyse stellte sich heraus, dass ich zwingend nach
          künftig nicht mehr nur begabte, sondern ausschließlich   drei Zügen gewonnen hätte. Damals dachte ich bei mir:
          fleißige Schüler:innen unterrichten wollte.        Gott sei Dank wirst du Musiker, ein „richtiger“ Schach-
            So kam es dazu, dass mein Interesse an der Inter-  spieler hätte niemals remis angenommen !
          pretation klassischer Klaviermusik merklich nachließ,
          ich aber gern Jazz-Klavier und Boogie-Woogie lernte,   1990 wurde ich gefragt, ob ich zusammen mit mei-
          weil ich dafür nicht richtig üben musste.          nem Schachfreund Frank Behrhorst, der Gymnasialleh-
            Nun bestand mein Dilemma darin, dass ich im Schach   rer für Mathematik und Physik wurde, eine Radiosendung
          überaus erfolgreich war, die Ansprüche meiner Schule   zum Thema „Schach und Musik“ gestalten wolle. Das war
          mit den alten Sprachen stieg, ich aber zeitweilig keinen   eine neue Herausforderung. Das Schach-Musik-Phäno-
          Klavierunterricht mehr hatte. Kurzzeitig dachte ich da-  men und der Bezug zur Mathematik ist spannend und
          rüber nach, meine Ambitionen im Schach zu steigern   manchmal verblüffend. Die Radiosendung beim NDR wur-
          und vielleicht sogar eine Karriere als Berufsschach-  de sehr positiv aufgenommen und deshalb ist die Be-
          spieler anzustreben.                               schäftigung mit dieser Thematik bis heute geblieben.
            Dafür fehlten dann aber die entscheidenden Erfolge
          bei Turnieren, denn ein 2. Platz ist zwar schön, so wie   Nach der Wende wurde ich 1991 zum Direktor des
          bei der der Hamburger Jugendeinzelmeisterschaft mehr-  Konservatoriums nach Schwerin berufen. Meine pianis-
          mals erreicht, aber nicht zwangsläufig ausreichend,   tische Entwicklung verlief sehr gut, ich konnte viele
          wenn man ganz oben sein will.                      Konzerte mit meinem Spezialgebiet der Klaviermusik
            Dann vollzog sich aber eine positive Wendung, als ich   des 20. Jahrhunderts bestreiten. Gleichzeitig entdeckte
          16 Jahre alt wurde. Bernhard Wambach zeigte Bereit-  ich, dass mir Organisation und Management neben
          schaft, mir wieder Unterricht zu geben, wenn ich mindes-  meiner künstlerischen und pädagogischen Leidenschaft
          tens zwei bis drei Stunden am Tag üben würde, mit dem   sehr lagen, weshalb sie seitdem Schwerpunkt meiner
          klar definierten Ziel, ein Berufsstudium anzustreben.   beruflichen Tätigkeit wurden.
            Nach kurzen Überlegungen war es dann für mich klar:   Nach meiner nun anspruchsvollen Leitungstätigkeit
          Mache nicht dein liebstes Hobby zum Beruf (sondern   als Musikschuldirektor im Alter von 30 Jahren, konnte ich
          übe viel Klavier und versuche Musik zu verstehen)!   parallel immer noch einigermaßen gut in der 2. Bundes-
            Als ich dann nach meinem Abitur und dem geleisteten   liga mithalten, obwohl die Anzahl der Niederlagen we-
          Zivildienst 1983 mein Musikstudium in Lübeck begann,   gen des hohen Niveaus meiner Gegner stetig stieg.
          hatte  ich  als  Schachspieler  dennoch  wirklich  schöne   Aber meine zunehmende Konzerttätigkeit  und meine
          Erlebnisse als Spieler in der 1. Bundesliga mit meinem   zusätzlichen Lehrtätigkeiten an Musikhochschulen ha-
          Verein SKJE Hamburg oder später dann viele Jahre in   ben mein schönes Hobby im Laufe der Jahre immer
          der 2. Bundesliga mit dem Lübecker Schachverein.   mehr relativiert.

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